Tuesday, August 29, 2006

Frag einen Inder

Vom letzten Wochenende gibt es nicht wirklich viel zu berichten. Wir Trainees aus Pune und Trainees aus Bomboy haben uns in den Bergen von Matheran zum Grillen getroffen und Latin-Party gefeiert. Es gab den ganzen Abend Salsa und Merenge auf die Ohren und ich hatte das erste Mal Gelegenheit, mit einer echten Kolumbianerin zu tanzen.

Aber nun zum eigentlichen Thema. Inder haben eine sehr ungewöhnliche Wissenslücke. Sie wissen nämlich nicht, wie man "Ich weiß es nicht." sagt. Dieser Umstand führt zu sehr schönen Effekten im täglichen Leben. Fragt man in einer fremden Stadt drei Inder nach dem Weg zum selben Hotel, wird man mit Sicherheit in mindestens vier verschiedene Richtungen verwiesen. Wenn sie nicht genau wissen, worum es geht, weisen sie einem einfach in eine Richtung zu einem Ort, der ähnlich klingt oder der ihnen gut bekannt ist. Ähnlichen Spass hat man in Restaurants, wenn man in Erfahrung bringen will, ob das servierte Wasser gefiltert ist oder nicht. Letzteres sollte man erst nach einigen Monaten Indienaufenthalt zu sich nehmen. Prinzipiell kennt der Inder das Kopfnicken ebenfalls als "Ja" und das Kopfhinundherdrehen als "Nein". Er benutzt es nur nie. Die übliche Kopfbewegung ist ein seitliches Kopfdrehschüttelnicken, was allenfalls so viel bedeutet, wie "Ich habe Dich verstanden". Laut Aussage meiner Arbeitskollegen können auch Inder selbst diese Bewegung nur selten eindeutig deuten. Konfrontiert man Inder mit Ja-Nein-Fragen, bekommt man in der Regel die Antwort "Yes Yes Yes Yes Yes". Sehr beliebt ist es auch, Fragen mit etwas zu beantworten, was allenfalls im entferntesten Sinne mit der Frage zu tun hat, jedoch dem Gefragten geläufig ist.

Das beschriebene Verhalten macht Indien zum echten Abenteuer. Man weiß nie, ob man gerade in den völlig falschen Zug einsteigt, sich eine üble Magenverstimmung einhandelt, Mächenstunde ist oder man eben mal wieder ordentlich übern Tisch gezogen wird. Ich bin noch dabei zu lernen, die Fragen so zu stellen, dass ich eine brauchbare Antwort bekomme. Das nächste Mal gehe ich dann auf die wirklich unschönen Dinge ein, die Indien definitiv zu einem Land machen, das nichts für zarte Gemüter ist.

Bis dahin, phir melenge.

Saturday, August 19, 2006

Ausflug nach Hampi

Der 15. August ist Independence Day in Indien, also Feiertag. Montag arbeitet aufgrund dessen auch so gut wie keiner. Wir haben die Gelegenheit für eine Vier-Tages-Tour nach Hampi genutzt. Hampi ist ca. 600 km südlich von Pune. Auf Indiens Strassen braucht man etwa 15 Stunden für diese Strecke. Bei der Reservierung des Autos gab es so einige Probleme, sodass wir am Ende einen Jeep mit sieben Sitzplätzen und Fahrer hatten, aber dort sieben Leute plus der Fahrer rein mussten... Es war also verdammt eng. Auf dem Weg nach Hampi haben wir noch einen Abstecher nach Badami gemacht. Dort gibt es ein paar Monumente und Tempelhöhlen rings um einen tief grünen See zu sehen.

Badami(Doppelklicken für Großansicht)

Eigentlich wollten wird die erste Nacht in Hospet, einen Ort 20km vor Hampi, übernachten. Dort waren aber sämtliche Hotels ausgebucht. Wie wir später rausgefunden haben, war in Hospet an diesem Wochenende Hochzeit. Indische Hochzeit - das bedeutet, dass mindestens 500 Leute kommen. Die eizigen Zimmer, die noch zu bekommen waren, lagen in der Preiskategorie 2500 Rupee per Nacht und Person. Das sind ca. 30 Euro - zuviel, wenn man nur wie ein Inder verdient. Also doch noch nach Hampi mitten in der Nacht...

Hampi war dann einfach nur absolut der Hammmer. Auf ein Areal von ca. 21 km² verteilen sich über 50 Tempel und Monumente aus dem 13. Jahrhundert, die von einem der größten Hindu-Reiche in der Geschichte Indiens zeugen. Das ganze ist eingebettet in eine magische Landschaft aus Palmen und riesigen roten und auf die bizarrste Weise gestapelten Felsbrocken. Hier sieht es aus wie bei Fred Feuerstein, fehlen nur noch die Dinosaurier. Den ersten Tag haben wir zu Fuß die Tempel und Bauten in der näheren Umgebung erkundet. Von einem Berg aus habe ein paar Panoramabilder gemacht, aber selbst die können die Stimmung nicht annähernd einfangen.

Panoramaview Hampi (Doppelklicken für Großansicht)

Obwohl es den ganzen Tag bedeckt war, ist die Sonne hier so stark, dass wir alle einen ordentlichen Sonnenbrand bekommen haben. Kein Wunder, wir sind ja hier schon deutlich in der tropischen Zone und um diese Jahreszeit steht die Sonne hier Tagsüber absolut senkrecht über einem.

Tempel in Hampi (Doppelklicken für Großansicht)


Statue in Hampi (Doppelklicken für Großansicht)

Den zweiten Tag haben wir dann ein paar Scooter (Motorroller) ausgeliehen und sind in der Gegend rumgefahren. Abends gab es dann noch eine Panne. Adam und Friedericke hatten ihren Tank leer gefahren. Unsere Rückgabezeit war schon überschritten und ich bin losgefahren, um Sprit für die beiden zu holen. Nach wenigen hundert Metern war mein Hinterreifen platt. Eine größere Rickscha (halboffene, dreirädrige Taxies) hat mich samt Moped aufgegabelt - ich konnte den Preis auf 60 Rupee (1€) runterhandeln - und mich zu einem Reifenreperaturservice gebracht. Dort habe ich für umgerechnet 33 Cent meinen Schlauch in nur 15 Minuten repariert bekommen - echt klasse, ich war begeistert.


Friedericke (D), ich, Ada (PL), Laura (FR), Vincent (NL) und Anke (D) (Doppelklicken für Großansicht)


Reifenreperaturservice (Doppelklicken für Großansicht)

Auf dem Rückweg nach Pune haben wir noch in Bijapur gehalten. Dort gibt es eine vielzahl muslimischer Bauten, welche eine gänzlich andere Architektur als die Hindu-Bauten aufweisen.


Muslimische Bauten in Bijapur (Doppelklicken für Großansicht)

Friday, August 11, 2006

Blog Umzug

Da es mit blogger.de einige technische Probleme gab und keine Möglichkeit für anonyme Kommentare existiert, ist mein Blog heute hierher umgezogen.
Pune, der Monsun und die Flut

Am Samstag hat uns Daniel, mein Zimmergenosse aus Nigeria, verlassen. Das wurde kräftig in der Nacht von Freitag zu Samstag gefeiert. Seitdem Daniel weg ist, regnet es hier ununterbrochen. Eigentlich ist Pune aufgrund seiner Höhenlage - 750m übern Meeresspiegel - auch zur Monsunzeit ein relativ trockener Ort. Nicht umsonst haben die Engländer in der Kolonialzeit Pune als zwischenzeitlichen Regierungssitz während der Regenzeit genutzt. Die Tage hat es jedoch so schlimm geregnet, dass die Dämme geöffnet werden müssen. Anderenfalls laufen sie über. Aus diesem Grund durften die MSC-Mitarbeiter heute schon um drei die Arbeit verlassen. Wenn die Dämme einmal geöffnet sind, gibt es keinen Weg mehr zurück in die Stadt. Alle Brücken sind dann gesperrt. Anscheinend wollten sehr, sehr viele Leute nach Hause, sodass die ganze Stadt im Verkehrschaos versank. Auf den Straßen stand das Wasser teilweise über einen halben Meter hoch. Aber als Fluterprobter Dresdner bleibt man ja ganz ruhig bei so einem Anblick. In Koregeon Park - der Stadtteil, in dem ich wohne - merkt man wenig von der Flut, es ist eben nur alles ziemlich nass. Mal sehen, ob ich morgen früh wieder auf Arbeit kann...

50 Meter von meinem Apartment entfernt - Koregeon Park, North Road, Pune - das europäischste Stück Indien, was es gibt.
50 Meter von meinem Apartment entfernt - Koregeon Park, North Road, Pune - das europäischste Stück Indien, was es gibt.
Meine ersten Tage bei MSC Software

Nach diversen Verzögerungen aufgrund meiner Registrierung bei den Behörden bin ich am Donnerstag das erste Mal bei MSC Systems - meine Firma hier - gewesen. Alles war vorbereitet für mich und alle freuen sich riesig, das ich jetzt da bin. Ich bin der erste ausländische Trainee in der Niederlassung hier und sie versuchen alle, mir das Leben so angenehm wie möglich zu machen.

Die ganze Firma wirkt extrem gut organisiert. Bereits am ersten Tag hatte ich ein langes Meeting mit dem Projektleiter und dem technischen Leiter und wir legten den Rahmen für meine Arbeit fest. Gearbeit wird hier in Großraumbüros und ich habe eine eigene Parzelle mit ein topaktuellen, fertig eingerichteten und extrem gut ausgestatteten Rechner. Ein Firmenbuss sammelt mich jeden Tag auf und fährt mich die 40 Minuten zur Arbeit und bringt mich abends wieder zurück. Die Kantine ist auch kostenlos für mich und die Firma hat einen großen Swimmungpool und ein Fitnessraum, der jederzeit offen steht. Ich bin schwer begeistert von meiner neuen Arbeitsstelle.
Wochenendausflug nach Aurangabad

Eigentlich sollte ich erstmal ein paar Tage in der Familie eines lokalen AIESECers zubringen. Da dieser "Home-Stay" aber anscheinend noch nicht mal anseitsweise organisiert war und ich absolut keine Lust hatte, das Wochenende alleine zu verbringen, habe ich mich gleich den anderen Trainees angeschlossen und es ging noch am selben Abend per Bus nach Aurangabad. Die erste Nacht im Taxi, die zweite im Bus. Ich brauche vermutlich nicht weiter erwähnen, dass öffentliche Busse hier nicht den Komfort aufweisen, wie man ihn von Deutschland gewohnt ist und das Schlafen darin kaum möglich ist.
Von Aurangabad ging es dann nach kurzen Frühstück weiter zu den Ajanta Caves. Das sind bis zu 2500 Jahre alte Tempelhöhlen, die in den Berg gemeiselt wurden.

Buddha Statue in den Ajanta Caves
Eine der viele Buddha Statuen in den Ajanta Caves

In der Nacht von Samstag zu Sonntag habe ich dann das erste mal wieder auf sowas wie einem Bett übernachtet. Einer unserer Mitreisender bestand auf Low-Price-Übernachtung. Entsprechend sah das Hotel aus. Aber egal. Nach drei Tagen nahezu nonstop auf Achse war ich froh, endlich schlafen zu können.

Das Mini Taj Mahal in Aurangabad
Das Mini Taj Mahal in Aurangabad

Ein Temple der Ellora Caves
Ein Temple der Ellora Caves

Sonntag haben wir uns dann noch das sogenannte Mini Taj Mahal, eine alte Festung und die Ellore Caves angeschaut. Sonntag Nacht ging es dann wieder die sechs Stunden zurück nach Pune.
Ankunft

Freitag Nacht halb eins bin ich mit einer Stunde Verspätung in Bombay gelandet. Es hat unglaublich gestürmt und uns alle kräftig durchgeschüttelt beim Landeanflug. Ansonsten war der Flug ganz entspannt und da ich mit Air India unterwegs war, gab's auch schon einen ersten Vorgeschmack auf das Essen, was mich in Indien so erwarten wird. Ursprünglich wollte ich in Bombay übernachten und dann Freitag Mittag weiterfliegen. Im Flieger hab ich aber ein paar Leute kennengelernt, die ein Taxi nach Pune gemietet hatten. Und da noch Platz im Wagen war, bin ich mit den Jungs gleich weiter nach Pune gefahren.

Gut 200km - das bedeutet auf Indiens Strassen 5 Stunden Fahrt... Der Taxifahrer war auch noch so clever, nicht auf die Tankanzeige zu achten, sodass wir erstmal ne halbe Stunde mitten in der Nacht auf dem Expressway rumstanden - in Indien gibts keine Seitenstreifen - und der Fahrer mit ein paar Wasserflaschen Benzin holen war.
Des Inders liebstes Hobby ist Hupen. Sie hupen immer und überall, wenn sie überholen wollen, wenn es nicht weitergeht, wenn jemand nicht aufpasst oder eben einfach, um zu hupen. Außerdem fahren hier alle links und wild durcheinander. Für die aufgezeichneten Spuren interessiert sich absolut niemand. Was nebeneinander passt, das fährt auch nebeneinander. Überholt und gedrängelt wird immer und überall. Erstaunlicherweise gibt es allerdings kaum Unfälle.

Freitag früh um sieben haben mich die Jungs dann in Pune vor der German Bakery abgesetzt und ich habe erstmal meine Kontaktperson angerufen und kundgetan, dass ich schon da bin. Naazneen kam dann auch eine gute Stunde später und hat mich in das AIESEC-Appartment gebracht. Mit mir leben jetzt sieben Trainees in diesem Apartment. Es gibt drei Schlafräume, drei Bäder, eine Küche und eine großes Wohn- und Esszimmer. Ansonsten herrschen hier WG-typische Zustände...